Konzert

Fr, 3. July 2026 21:00 - 22:30 Uhr
St.-Nicolai-Kirche Mölln | Am Markt 12 | 23879 Mölln

Leitung:Christina Meißner - Violoncello, Gesang
Veranstalter: Ev.-Luth. Kirchengemeinde Mölln

 

LICHT!

ein Cello in der Verzückung der Hildegard von Bingen

Christina Meißner - Cello solo                                                                 

Hildegard von Bingen/Christina Meißner    

Cum erubuerint  

John Palmer (1959)

Lux Vivens (2022)

Hildegard von Bingen/Christina Meißner

O deus, quis es tu

John Palmer

Lux Ardens (2023)

Hildegard von Bingen/Christina Meißner

Karitas habundat

John Palmer

Lux Obscura (2025) 

Hildegard von Bingen/Christina Meißner

O rubor sanguinis

John Palmer

Lux Serena (2024) 

Hildegard von Bingen/Christina Meißner

Aer enim volat 

 

Der Drang, die Grenzen des alltäglichen Ichs zu überschreiten, scheint so alt zu sein wie die Menschheit selbst. In der Ekstase – auch als Verzückung zu verstehen – tritt das Ich aus seinen gewohnten Bahnen heraus. Vergangenheit und Zukunft treten zurück; der Mensch befindet sich in einer ausgedehnten Gegenwart.
(nach Benedikt Sarreiter: Ekstasen der Gegenwart)

Ein solcher ekstatischer Zustand – jenseits von Zeit und Ich – spiegelt sich auch in der Musik Hildegards von Bingen wider. Ihre Kompositionen werden oft als archaisch und zugleich lichtvoll beschrieben: Archaisch durch einfache Melodien und klare Strukturen, lichtvoll durch ihre spirituelle Tiefe. Ihre Gesänge wirken erhebend und transzendent – wie ein Licht, das die Seele durchdringt.
Licht gilt in diesem Zusammenhang als Metapher für göttliche Inspiration und Erleuchtung – ein Symbol für das Wirken der göttlichen Gegenwart.

Das Programm verbindet alte Gesänge Hildegards von Bingen – von Christina Meißner für Cello solo arrangiert – mit neuen Werken von John Palmer. Diese zeitgenössischen Kompositionen sind Hildegard gewidmet und kreisen thematisch um das Licht.

Die Musik entfaltet dabei eine große emotionale Spannweite – von asketischer Schlichtheit bis zu dramatischer Intensität. Sie hat eine theatralische Dimension: Licht wird zur Brücke – zwischen Berührung und Transformation.

 

John Palmers Lux-Tetralogie (2022-2025)

Die Lux-Trilogie umfasst vier Kompositionen, die ihre Inspiration aus den Visionen der mittelalterlichen Mystikerin Hildegard von Bingen (1098-1179) schöpfen. Das Thema dieser Trilogie ist der Begriff des Lichts: Lux Vivens (2022), Lux Ardens (2023) Lux Serena (2024) und Lux Obscura (2025).

Diese Stücke tauchen in unterschiedliche, aber doch eng miteinander verbundene symbolische Bereiche einer Reise ins Licht ein: 

Lux Vivens erforscht das Licht als pulsierendes Wesen des Lebens; 

Lux Ardens verkörpert eine furchteinflößende und glühende Kraft, die an lodernde Flammen erinnert; 

Lux Obscura gebiert sich aus der Erfahrung der Dunkelheit als notwendige Bedingung, die zum Licht und zur Ektase führt;

Lux Serena beschließt die Trilogie mit einer Art klanglicher Kontemplation, die sich in die Ambivalenz von Klängen vertieft, die an der Schwelle der Hörbarkeit artikuliert sind.

Beauftragt von Christina Meißner, sind alle diese Werke ihr gewidmet.  

 

John Palmer 

Lux Vivens (2022)

„Dann sah ich ein helles Licht, und in diesem Licht die Gestalt eines Menschen von der Farbe eines Saphirs, der ganz von einem sanften, glühenden Feuer erleuchtet war. Und dieses helle Licht umhüllte das ganze glühende Feuer, und das glühende Feuer umhüllte das helle Licht; und das helle Licht und das glühende Feuer ergossen sich über die ganze menschliche Gestalt, so dass die drei ein einziges Licht in einer Kraft des Potentials waren. Dann hörte ich das lebendige Licht zu mir sprechen.“ 

Lux Vivens erforscht die Suche nach imaginären Reichen als eine metaphorische Reise zum Licht. In vielen Kulturen der Welt wird das Licht mit der Erfahrung von transzendentem Wissen und Erleuchtung in Verbindung gebracht. Im Originaltext ist das lateinische Wort aer gleichbedeutend mit den Begriffen Luft und Himmel, zwei Wörtern, die unmittelbar mit der Wahrnehmung von Licht verbunden sind.

Die Musik besteht aus melodischen Fragmenten, die den drei wiederkehrenden Modi entsprechen, die Hildegard in ihren Liedern verwendet. Die polyphone Textur der Musik wird durch sich überlagernde Schichten verketteter Melodien ausgelöst, die sich in vielfältigen harmonischen Räumen entfalten. 

Lux Ardens (2023)

"Dann sah ich ein brennendes Licht, das so groß war, wie ein Berg hoch und groß ist. Das Licht war an seiner Spitze in viele Zungen geteilt. Vor diesem Licht stand eine große Menge von Menschen."

Lux Ardens erforscht die Idee des brennenden Lichts als Metapher für jenseitige Bilder, die in neuen Farben und Formen aufeinander folgen. Die Musik von Lux Ardens entspringt neun melodischen Fragmenten, die Hildegards Gesängen entnommen sind und sich zu verborgenen Melodien und Mikroharmonien von schwankender Intensität entfalten. 

Lux Obscura (2025)

Inspiriert von den Visionen der Hildegard von Bingen folgt Lux Obscura einer Reise in das dunkle Licht, wo Erleuchtung nicht aus Helligkeit, sondern aus der Dunkelheit hervorgeht. Was sich entfaltet, ist eine Reflexion über Verwandlung und ein Weg zur Selbsterkenntnis durch das Geheimnis des Schattens. Im zeitlosen Sprachraum des Unsichtbaren auftauchend, zeigt sich flüchtiges Licht in Zonen der Ungewissheit, wo die nach innen gewandte Aufmerksamkeit nahe an die Annahme der Dunkelheit herandriftet. Dort, in strahlender Dunkelheit, kann sich inneres Wissen öffnen und flüchtige Einblicke in das unbekannte Innere gewähren. An der Schwelle des Nichtwissens zieht sich ein Schleier, verweilend, während der Suchende sich nähert und er sich auflöst. Und wenn das Sichtbare und das Unsichtbare zusammenfinden, verschmelzen Licht und Dunkelheit ineinander, aufgehoben in lautloser Einheit.

Lux Serena (2024)

„Als nächstes sah ich eine sehr große und friedliche Helligkeit, die einer Flamme ähnelte. Dieser Glanz hatte viele Augen in sich, und seine vier Ecken waren den vier Teilen der Welt zugewandt. Innerhalb dieses Glanzes gab es einen anderen Glanz, der der Morgenröte ähnlich war. Diese zweite Helligkeit hatte die Klarheit eines violetten Blitzes in sich.“

Lux Serena erforscht die Idee des Lichts als Metapher für inneren Frieden.